Der Local-Patch-Club des Gymnasiums Scheinfeld
Hohe Auszeichnung unseres innovativen Schulprojekts
Unser Schulprojekt „Local Patch Club“ hat zusammen mit einer Auszeichnung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus ein Preisgeld über 1000€ erhalten. Wir werden den Betrag im Sinne unseres Projekts in Leihferngläser und Fachliteratur investieren. Spannende Informationen zum Projekt finden Sie hier, auf unserer Schulhomepage, in der Rubrik "Local Patch Club".
Unser Projekt
Haben Sie auch schon mal bedauert, dass viele zwar vom Wert des Umweltschutzes überzeugt sind, aber nur wenige entsprechend handeln?
Es gibt Hoffnung: unser Konzept des Local Patch!
Was ist ein Local Patch?
Local Patch – so nennen Naturbeobachter auf der ganzen Welt gerne jenes schöne Fleckchen Erde vor ihrer Haustür, das ihnen besonders ans Herz gewachsen ist. Wir möchten unseren Kindern solche Local-Patch-Erfahrungen ermöglichen, damit sie die zahllosen Naturwunder vor ihrer eigenen Haustür mit offenen Sinnen, Herz und Verstand entdecken und schließlich bewahren.
Unser Loal-Patch-Club
Wir gründen daher einen Local-Patch-Club: Kinder, Familien und Lehrer üben sich darin, in ihrer Freizeit möglichst bei jedem Wetter sowie zu allen möglichen Tages- und Jahreszeiten ihren jeweils persönlichen Lieblingsort in der Natur zu besuchen.
Nach und nach wird jedem sein eigener Local Patch vertraut. Denn wer seinen Local Patch oft besucht, bekommt ein Gespür für den Ort und seine besondere Natur, entdeckt und staunt immer mehr über die Schönheit der Natur. Mit der Zeit stellt sich auch Naturwissen ein, ganz nebenbei, aus eigenem Interesse – eben weil ihn die Natur selbst beschäftigt und nicht, weil er sich mit dem Thema „Natur“ beschäftigen soll.
Aegithalos caudaus caudatus: Die nordische Variante der Schwanzmeise. Die Freuden des Local Patch: Wer seinen mitteleuropäischen Ort nicht verlässt, verpasst nicht den Besuch aus Nordeuropa (Aufnahme: Peter Reus)
Hierbei geschieht fast unbemerkt etwas mindestens ebenso Wichtiges: Von Spaziergang zu Spaziergang und von Streifzug zu Streifzug in unserem Local Patch gewinnen wir echte Erfahrung. Also ein persönliches Wissen über einen kleinen Bereich der Erdoberfläche, dem wir uns zunehmend verbunden fühlen und den wir schließlich wertschätzen. Wer die Lebewesen auf seinem Local Patch liebgewinnt, möchte irgendwann wissen, wie sie heißen. Und wer ein Lebewesen beim Namen kennt, will die Goldammer und das Tagpfauenauge auch schützen sowie am besten gleich den ganzen Planeten Erde schonen. Denn die Erde ist ein riesiges Reich solcher Local Patches.
Fun Fact: Die Fülle der Naturwunder auf einem kleinen Local Patch wird im Laufe der Jahre größer! Und ein Bedürfnis, CO2-lastig in aller Welt schnelle oberflächliche Selfie-Kulissen zu finden, kommt so vielleicht gar nicht erst auf. Für unsere Schülerinnen und Schüler mag sich daher neben positiven gesundheitlichen Vorzügen der häufigen Natur- und Frischluftaufenthalte auch diese wertvolle Erkenntnis einstellen: Ebenso wie der Local Patch bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit seinen besonderen Wert in sich besitzt, ist auch jeder Mensch von Natur aus liebenswürdig, einfach weil er da ist – und nicht etwa, weil er Likes für seine spektakulären Fernreise-Selfies erhalten hat.
Pädagogischer Ansatz und geplante Aktionen
Für alle, die’s genau wissen wollen, unser besonderer pädagogischer Ansatz und die Aktionen des kommenden Schuljahres:
- Unsere Local-Patch-Logik: Wer zu einem konkreten Flecken Natur eine Beziehung aufgebaut hat, möchte diese seine Umwelt eher schützen als jener, der den Wert des Umweltschutzes eingetrichtert bekommt und deswegen anschließend die Natur studieren soll.
- Unsere Aktionen: Mit mehreren wohlkonzertierten Aktionen unterstützen wir die Etablierung eines möglichst großen Local-Patch-Club an unserer Schule. In unserer Offenen Ganztagesschule gehen die Kinder an besonderen Nachmittagen vor den Ferien zusammen mit Umweltpädagogen auf Naturentdecker-Touren.
- Im Fachunterricht (NWA) wird Schülerinnen und Schülern für ihre weitere Schulzeit die Anlage eines Naturbeobachtungsheftes vermittelt und es werden Erzählungen von eigenen Naturerlebnissen wertgeschätzt.
- Im P-Seminar „Afternoons For Future“, im W-Seminar „Ethik des Klimawandels“ und im Philosophiekurs „Leben und Sinnfindung“ werden ältere Schüler unter anderem das umweltethische Potenzial des Local-Patch-Konzepts erarbeiten. Auch in drei derzeit für die kommende Q11 angebotenen Seminaren (W und P) wird der Themenbereich aufgegriffen.
- In Zeiten der Pandemie: Zwei Schülerinnen und zwei Schüler haben im coronasicheren Home- und Nature-Office im Local-Patch-Mebis-Kurs von ihrem Lieblingsplatz berichtet und so der Schulgemeinschaft einen lebendigen Eindruck von dieser sinnvollen Form der Naturbegegnung gegeben.
Zu einer akademischen Aufarbeitung unseres Wegs wurden wir bereits eingeladen. Unser Projekt soll schließlich Schule machen.
Materialien für unsere Schülerinnen und Schüler
Hierfür haben wir ein Preisgeld (Toller Erfolg bei der Publikumsabstimmung eines Sparda-Banken-Wettbewerbs!) bereits eingesetzt:
- zum Aufbau einer Leihbücherei mit Tier- und Pflanzen-Bestimmungsliteratur, falls unsere Schülerinnen und Schüler an ihrem Local Patch neugierig werden und mehr über die Natur wissen und ökologische Zusammenhänge verstehen möchten: Vögel, Käfer, Schmetterlinge, Bäume, Sträucher, Wolken- …- Bestimmungsücher können inzwischen ausgeliehen werden.
- beim Aufbau einer wissenschaftlichen Umweltbibliothek für unsere älteren Schülerinnen und Schüler: Aktuelle Titel rund um die Klimaforschung, Konsumfragen und Anregungen für ein nachhaltiges Alltagsleben liegen bereits vor.
- den Erwerb von Ferngläsern, Becherlupen und Insektenschnäppis für die schonende Beobachtung von großen und kleinen Tieren vor Ort: Auch hier ist bald eine Ausleihe möglich!
Es wird deutlich: An meinem Local Patch komme ich zur Ruhe und erlebe eine verlässlich gute (Aus-)Zeit in meinem Alltag. Vielleicht sortieren sich in dieser Ruhe, ohne viel Zutun, auch meine Gedanken. Vielleicht auch tut mir die Ruhe einfach so gut, selbst wenn die Denkprobleme die gleichen bleiben. Und vielleicht aber wächst sogar mein Interesse für das, was mich umgibt: In diesem Fall bietet mir meine Schule Fachliteratur und Beobachtungsinstrumente. Wie auch immer: Ich verfolge eine schöne Freizeitaktivität, die nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängt, dabei vorbildlich umweltschonend ist und mir selbst guttut.
Im Hinblick auf unser Schulprofil
Wir sind ein naturwissenschaftlich-technologisches und sprachliches Gymnasium mit integrierter Offener Ganztagesschule (OGS). Bei uns werden Inklusion und Soziales Miteinander schon immer großgeschrieben. In den vergangenen Jahren haben wir uns hierbei auch zunehmend im Bereich der Umwelt-Bildung engagiert. Wir ermutigen junge Menschen dazu, in die Natur zu gehen, sich Zeit zu nehmen, um in Muße die Wunder der Natur vor der eigenen Haustür wahrzunehmen und liebzugewinnen. Entschleunigung, nicht zuletzt im medialen Bereich, und sinnvoller Umgang mit modernen Medien sind positive Nebeneffekte, die sich bei mancher Schülerin und manchem Schüler in der Schule des Local Patch bereits zeigen.
Und zum Schluss noch etwas Theorie
Gewissermaßen führen wir mit dieser Weise der Naturbegegnung eine kopernikanische Wende in unserem Denken und Handeln durch oder, bescheidener und genauer: Wir ergänzen das bisherige Konzept der Umwelterziehung um einen weiteren wertvollen Ansatz:
Bisher dominierendes Konzept schulischer Umwelterziehung:
Weil der Klimawandel stattfindet und wir im Rahmen eines Aktionstages und im Unterricht an der Schule diesen dramatisch vermittelt bekommen haben, sollen wir die Natur studieren und unser Verhalten ändern.
=> Kognitiver, prinzipienethischer Zugang; der Weg des Sollens: Dieser ist sicherlich wichtig, aber oft mit kognitiver Dissonanz verbunden; denn die Brücke vom Wissen zum Handeln ist damit noch nicht geschlagen, erscheint doch bei diesem Zugang das umweltgerechte Verhalten als richtig schwere Aufgabe der Selbstüberwindung.
Unsere wertvolle Ergänzung für die ganze Schulfamilie:
Weil jede/r für sich, ihren/seinen je eigenen Lieblingsnaturort vor der eigenen Haustür in vielen Spaziergängen und bei zahlreichen Besuchen sich herzlich vertraut gemacht hat, lernt sie/er individuell und ganz persönlich ihre/seine Umwelt und Welt zu schätzen. Diese eigene Welt zu schonen, wird so zum konkreten Herzensanliegen.
=> Existenziell-tugendethischer Zugang: Ich will etwas von mir aus tun, weil ich etwas persönlich, als ganzer Mensch, buchstäblich leibhaftig erfahren habe. Die Voraussetzung für solche Erfahrungen ist eine Alltagskultur, in der ich meine Naturbegegnung als ganzer Mensch und nicht nur mit meinem Intellekt pflege.
Kinder, Eltern und Lehrer entdecken ihren je eigenen Lieblingsort in der Natur, den Local Patch; die restliche Überzeugungsarbeit für den Umweltschutz übernimmt die Natur, denn sie vermag das wirklich, wenn wir ihr die Zeit dazu in unserem Alltag einräumen. Die Natur selbst gewinnt dann nämlich nach und nach unser Interesse, und die Natur verlockt uns schließlich dazu, unser Umweltwissen zu erweitern und selbst umweltschonend zu leben: Das Skript und die Regie des Umweltschutzes stammen hier von der Natur selbst. Lernen wir also mit der Natur, unsere Rolle in dieser Welt gut zu spielen!
Für Fragen stehe ich Ihnen und Euch wie immer gerne zur Verfügung!
Peter Reus
P. S. Mein herzlicher Dank gilt dem Kollegen Arndt, der mit der wirklich ansprechend gestalteten Vorstellung unseres Projektkonzepts auf unserer Schulhomepage dieses Projekt stets tatkräftig unterstützt. Herzlichen Dank, Ralf!